Mainz – (ekö) „Der Stigmatisierung von suchtkranken Menschen entgegen treten“. So lautet das diesjährige Motto des „Internationalen Gedenktags für verstorbene Drogengebraucherinnen und Drogengebraucher“.
Der Gedenktag
Seit dem Jahr 1998 findet am 21. Juli der „Internationale Gedenktag für verstorbene Drogengebraucherinnen und Drogengebraucher“ statt. Eine Elterninitiative für humane und akzeptierende Drogenarbeit hat ihn ins Leben gerufen. Zu diesem Anlass und im 25. Jahr des Bestehens des Drogenhilfezentrums Café Balance gehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abteilung Suchthilfen im Amt für Jugend und Familie der Stadt Mainz mit einer Öffentlichkeitsaktion in das Stadtzentrum von Mainz. Ziel ist es, dort mit den Mainzer Bürgerinnen und Bürgern in direkten Kontakt und in den Dialog zum Thema „Sucht“ zu kommen.
Stigmatisierung entgegen treten
Die Sozialarbeiterinnen und -arbeiter des Drogenhilfezentrums wollen die Öffentlichkeit darauf aufmerksam machen, dass Menschen mit einer Suchterkrankung besonders durch Stigmatisierung und Ausgrenzung betroffen sind. Häufig ist ihnen damit der Zugang zu regulären Versorgungs- und lebensrettenden Hilfsangeboten erschwert. Dem wirkt ein integratives Suchthilfeangebot in Mainz entgegen, das für betroffene Menschen und deren Angehörige in Mainz ein gutes Hilfsangebot bereithält. Für suchterkrankte Menschen, die illegale psychoaktive Substanzen konsumieren und vielfache Problemlagen haben, können bspw. niedrigschwellige, gesundheitsschützende und lebenspraktische Hilfen im Drogenhilfezentrum angeboten werden.
Eine Suchterkrankung gehört zu den psychischen Störungen. Sie nimmt hier aber eine Sonderstellung ein. So meint etwa ein großer Teil der Bevölkerung, dass Sucht und Abhängigkeit von (zumeist illegalen) psychoaktiven Substanzen selbstverschuldet sei. Zu dieser Einschätzung würde man bei anderen psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder Schizophrenie nicht kommen. Viele Menschen gehen auch davon aus, dass man Betroffenen die Suchterkrankung ansieht.
Gerade Konsumierende illegaler Drogen zeigen herausfordernde und risikobereite Verhaltensweisen, die andere Menschen verunsichert. Teilweise reagieren diese mit Ablehnung oder schlimmstenfalls mit Ausgrenzung auf suchtkranke Menschen, insbesondere wenn deren Erscheinen durch ihre schlechte gesundheitliche und soziale Situation gezeichnet ist. Diese Ausgrenzung wiederum führt bei den Drogenkonsumierenden zu Lebensbedingungen, die Gefährdungen erhöhen oder gar schaffen.
Mainzer Suchthilfe
Die Mainzer Suchthilfe steht für eine fundierte und zeitgemäße professionelle Suchtarbeit sowie für einen menschlichen, integrierenden Umgang mit den Betroffenen. Sie tritt dafür ein, dass mit von einer Sucht betroffenen Menschen in Mainz respektvoll und fachlich kompetent umzugehen ist. Dies bedeutet auch Stereotypisierung und Stigmatisierung entgegen zu treten. Nur, wenn Suchtkranke in sozialen und Gesundheitssystemen gleichwertig behandelt werden, kann ihnen eine angemessene Hilfe gegeben werden. Dadurch können letztlich auch Drogentodesfälle vermieden werden. Durch differenzierte Suchthilfeangebote werden individuell zugeschnittene, sich in der Gesamtheit ergänzende Ziele (z.B. Risikominimierung und Abstinenz) verfolgt. Der vom Drogenhilfezentrum Café Balance seit 25 Jahren verfolgte Ansatz der Risikominderung („Harm Reduction“) hat sich inzwischen auch bundesweit zu einer fachlich anerkannten und einer nicht mehr wegzudenkenden Säule der Suchthilfepolitik und des Suchthilfesystems etabliert.
Drogentodesfälle
Trotz niedrigschwelliger Überlebenshilfen, wie sie das Drogenhilfezentrum Café Balance bietet, sind im zurückliegenden Jahr auch in Mainz Klienten und Klientinnen, die in der Einrichtung begleitet werden, verstorben. Gründe dafür sind eine Drogenüberdosierung oder mittelbar durch die in Kauf genommenen Risiken und Folgen der chronischverlaufenden und häufig wiederkehrenden Suchterkrankung. „Die polizeiliche Kriminalstatistik weist für 2017 bundesweit 1.272 Menschen aus, die an den Folgen ihres Drogenkonsums verstorben sind (in Rheinland-Pfalz sind es 51 Menschen). Hinter diesen nüchternen Zahlen stecken persönliche Schicksale, verzweifelte Eltern und Lebenspartner, trauernde Angehörige und Freunde. Der internationale Gedenktag für verstorbene Drogengebraucherinnen und Drogengebraucher am 21. Juli lässt uns inne halten und der Verstorbenen gedenken“, so Dr. Artur Schroers, Suchtbeauftragter der Landeshauptstadt Mainz.
Als wiederkehrendes Symbol werden an diesem Tag weiße Rosen an die Passanten verteilt und ein Flyer klärt über die Bedeutung der Aktion auf. Der Aktionstag in Mainz findet statt am 21. Juli 2018, von 11:00 Uhr bis 14.00 Uhr auf dem Gutenbergplatz, vor dem Staatstheater.
Aktionen auf dem Gutengbergplatz sind:
• Pressegespräch mit Dr. Artur Schroers, Suchthilfebeauftragter der Landeshauptstadt Mainz und Leiter der Abteilung Suchthilfen im Amt für Jugend und Familie
• Namentliches Gedenken der 2017 in Zusammenhang mit Drogengebrauch Verstorbenen
• Gelenkbus mit Fotoausstellung zu 25 Jahren Drogenhilfezentrum Café Balance
• Informationsstand vor dem Bus
Zahlen und Fakten
• Im Jahr 2017 wurden im Café BALANCE 8.458 Besucherinnen und Besucher gezählt. (Indem täglich an jedem Öffnungstag tagsüber die individuell den Cafébereich aufsuchenden Besucher und Besucherinnen gezählt wurden, kommt die jährliche Gesamtzahl von 8.458 zustande)
• Neben kostenlosen Angeboten (Müsli, Kaffee, Tee) wurden 4.044 Mahlzeiten ausgegeben.
• Die Angebote zur Körperpflege wurden in 1.726 und Waschmaschinenbenutzung in 1.142 Fällen nachgefragt.
• Es wurden 10.800 Spritzen und 21.200 Kanülen in 2.140 Vorgängen getauscht; davon fanden 19 der Tauschvorgänge während der Notschlaf-Öffnungszeit statt.
• Überlebenshilfen und Notschlafangebote werden in hohem Maße von den Betroffenen genutzt. Dieses Angebot an 365 Tagen im Jahr versteht sich als zeitlich befristete Übernachtungsmöglichkeit für Drogenkonsumierende, die wohnungslos geworden sind oder in Krisensituationen zum Abbau von Negativstress in die Einrichtung kommen. Es gibt acht Übernachtungsplätze, die im Bedarfsfall durch zwei Notbetten ergänzt werden können.
• Häufig werden weitergehende Hilfen (Entgiftung, Therapie), vermittelt. Dies beinhaltet auch Unterstützung bei Kostenklärung, Entgiftungs- und Therapieplatzsuche.
• 156 Männer und 32 Frauen konnten im Jahr 2017 in längerfristige Beratungsprozesse eingebunden werden. Es fanden 1.075 Beratungsgespräche in einem strukturierten Beratungs-Setting statt.
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Herausgeber:
Stadtverwaltung Mainz
Pressestelle | Kommunikation (Hauptamt)
Marc André Glöckner, Abteilungsleiter und Pressesprecher der Stadt Mainz
Jockel-Fuchs-Platz 1
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