Bahn-steigende / Bahnsteigende: Eine humorvolle Betrachtung der modernen Sprachentwicklung von Holger Korsten, Redaktion Mittelrhein Tageblatt.
In der pulsierenden Metropole Sprachnovapolis, einem Ort, an dem Wörter und Phrasen fließen wie die Züge im Hauptbahnhof, ereignete sich kürzlich eine sprachliche Kuriosität, die für heitere Verwirrung sorgte. Im Zentrum des Geschehens: die Bahnsteigende. Nein, nicht das Ende eines Bahnsteigs, sondern Menschen in der Aktion des Auf-eine-Bahn-Steigens. Ein sprachliches Missverständnis? Vielleicht. Gender-Wahnsinn? Ein Anlass für ein paar Lacher? Definitiv.
Die Bahnsteigende – eine Bezeichnung, die durch einen verschmitzten Zufall der Gender-Sprache entlehnt scheint, sorgt seit ihrer unbeabsichtigten Einführung für Stirnrunzeln und Schmunzeln gleichermaßen. Während die einen den Kopf über die vermeintlich neumodische Wortkreation schütteln, sehen die anderen darin eine treffende, wenn auch ungewollte, Beschreibung des morgendlichen Pendelrituals.
Stellen Sie sich vor: Der Wecker klingelt, der erste Kaffee des Tages wirkt noch nicht, und draußen herrscht die übliche Rushhour. Sie sind nicht einfach nur jemand, der auf dem Weg zur Arbeit ist. Nein, Sie sind eine Bahnsteigende – eine Person, die im Begriff steht, ein Abenteuer zu beginnen, das jeden Tag aufs Neue im urbanen Dschungel der öffentlichen Verkehrsmittel (so sie denn überhaupt fahren, aber das ist eine andere Geschichte) stattfindet.
Die Bahnsteigende, das sind wir alle, wenn wir uns mit tapferem Blick dem Ticketautomaten nähern, der mal wieder außer Betrieb ist. Wir sind die Bahnsteigende, wenn wir im Sprint die Treppen zum Gleis hinunterstürmen, nur um zu sehen, wie die Türen des Zuges sich vor unserer Nase schließen. Und wir sind ganz sicher die Bahnsteigende, wenn wir, eingepfercht in einen Waggon, die menschliche Nähe etwas zu wörtlich nehmen müssen.
Aber es ist nicht alles Leid, was die Bahnsteigende erleben. Es gibt auch jene magischen Momente, in denen man den letzten freien Platz ergattert oder ein freundliches Lächeln mit einem Mitreisenden austauscht, das einem den Tag versüßt. Diese kleinen Siege gehören ebenso zum Leben der Bahnsteigende.
Doch die wahre Ironie? In Sprachnovapolis, wo dieses sprachliche Missverständnis seinen Ursprung fand, hat die Bezeichnung „Bahnsteigende“ längst eine eigene Bedeutung angenommen. Sie steht symbolisch für die tägliche Reise, die kleinen Kämpfe und Triumphe, die wir alle erleben, wenn wir uns in den Strom des Lebens stürzen – oder eben auf die Bahn.
So hat sich die Bahnsteigende, einst ein Produkt sprachlicher Verwirrung, zu einem charmanten Symbol des alltäglichen Pendlerdaseins entwickelt. Ein Wort, das uns daran erinnert, dass jeder Tag ein neues Abenteuer ist und dass die Reise manchmal wichtiger ist als das Ziel. Also, liebe Bahnsteigende, steigt ein, die Fahrt beginnt – und wer weiß, welche Geschichten Sie morgen zu erzählen haben.
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Holger Korsten, Redaktion Mittelrhein Tageblatt