Didaktische Reduktion im Business – weniger ist mehr!

Michael-Kuehl-Lenjer - Didaktische Reduktion im Business
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Didaktische Reduktion im Businessweniger ist mehr! Von Michael Kuehl-Lenjer

Bei didaktischer Reduktion denken wir sofort an Schule und Lehrer. Doch die längst Zeit des Lebens sind wir keine Schüler in diesem Sinne und unsere Lehrmeister keine Lehrer. Lehrmeister heißen jetzt Experten. Sie sind Trainer, Berater, … Menschen mit einer hohen Spezialisierung und fundiertem Detailwissen. Und die stehen oft vor einem Problem: „Wie sag ich’s meinem Kinde?“ Denn die große Kunst besteht darin, einen Sachverhalt so zu reduzieren, das mein Gegenüber mich versteht.

Immer wieder werde ich gefragt: Was ist eigentlich eine didaktische Redaktion? Dabei kommt mir immer wieder folgendes Schlüsselerlebnis in den Sinn.

Ich nehme an einer Informationsveranstaltung eines Pharmaunternehmens teil. Thema: Das Arzneimittelgesetz. Ein Rechtsanwalt, der als juristischer Experte auf dem Gebiet des Arzneimittelgesetzes gilt, referiert. Er ist gut vor vorbereitet, das interessierte Publikum verfolgt aufmerksam den PowerPoint-Vortrag. Mit der Zeit fällt mir auf, dass immer mehr Teilnehmende sich anderweitig beschäftigen. Die einen tippen auf ihrem Smartphone herum, andere schließen die Augen, die nächsten flüstern mit dem Nachbarn.

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Der Vortragende fährt unbeirrt mit seiner Präsentation fort: „Das Arzneimittelgesetz wurde am xxx verabschiedet. Paragraf eins, Absatz vier, Satz zwölf sowie Paragraf fünf, Absatz drei und Satz acht in der geänderten Fassung vom xx. Februar 1998 sind besonders relevant…“

Ich melde mich zu Wort und frage: „welcher Wochentag war das?“ Die Antwort: „Moment bitte, ich schaue nach.“ Er zückt tatsächlich sein Smartphone und antwortet kurz darauf: „Es war ein Mittwoch…“ Dann fährt er ungerührt mit der soundsovielten Folie fort. Ich war kurz vorm Platzen. Meine Frage hat das Problem auf den Punkt gebracht, aber den Vortragenden nicht erreicht.

Nach dem Ende der Präsentation gehe ich zur Bühne. Ich wollte die kritischen Punkte ansprechen und erklären, wie der Vortrag auf das Publikum gewirkt hat.

Mir war klar, dass ein Rechtsanwalt sehr detailorientiert arbeiten muss, aber bei einem Vortrag vor einem fachfremden Publikum ist Detailtreue fehl am Platz.

Mir ist es vermutlich nicht gelungen, bei dem Referenten etwas zu bewirken.

So oder so ähnlich hat das wahrscheinlich jeder erlebt, wenn auch vielleicht nicht so pointiert. Dutzende Charts belagern die Aufmerksamkeit der Zuschauer, Folien werden mit Texten überfüllt, die der Referent zu allem Überfluss auch noch vorliest. Jeder Mensch hat eine unterschiedliche Lesegeschwindigkeit. Wenn der Vortragende die gezeigten Charts vorliest, stört er die Konzentration der anderen. Da bleibt kaum etwas hängen. Für mich ist das Betreutes Lesen.

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Die Flut an Informationen überlastet unser Gehirn

Die Reizfülle, die heutzutage auf uns einwirkt, überlastet unseren Denkapparat. Unser Denkorgan verbraucht schon im Ruhezustand 20 % der Energie. Daher ist bereits unsere Aufmerksamkeitsspanne deutlich reduziert, sodass viele Menschen Wissen oder Lerninhalte nur in kleinen Häppchen aufnehmen können. Wer seinem Denkorgan zu viel Informationen anbietet oder besser zumutet, nimmt in Kauf, dass ein Teil der Inhalte im Irgendwo verschwindet. Diese Besonderheit unseres Denkpalastes erfordert eine verantwortungsvolle Gestaltung im Lehrbetrieb.

Auch wenn das oben geschilderte Thema trockner ist als Knäckebrot, muss oder gerade dann ist eine deutliche Verminderung der Komplexität des Lernstoffes zwingend erforderlich. Lehrende sollten nach einer gründlichen Sachanalyse des Lernstoffes die Inhalte didaktisch reduzieren und statt auf Vollständigkeit oder Überfluss lieber auf Gründlichkeit setzen. Wer in die Vollständigkeitsfalle tappt, vermindert das Lernergebnis.

Wie gelingt eine erfolgreiche didaktische Reduktion?

„Didaktische Reduktion“, schreibt Yvo Wüest, der über langjährige Erfahrungen in der Erwachsenenbildung verfügt und sich auf sein Spezialgebiet didaktische Reduktion fokussiert, „ist die Fähigkeit von Lehrenden umfangreiche und komplexe Inhalte so zu reduzieren und zu vereinfachen, dass die Bedürfnisse der Lernenden berücksichtigt werden“. Es muss allerdings sichergestellt sein, dass es hierbei nicht zu einer Vereinfachung oder Verfälschung kommt.

Zunächst muss der Lernstoff auf die Lernenden zugeschnitten sein. Lernen gelingt weitgehend durch Verknüpfen mit dem Vorwissen der Lernenden. Dieser Anspruch wird auch das „Klettenprinzip genannt. Warum?  Weil Kletten eine raffinierte Fähigkeit besitzen, sich zu verbreiten. An vorbeistreifenden Tieren bleiben Kletten am Fell haften. Und die Tiere tragen somit dazu bei, dass Kletten und damit die darin befindlichen Samen in alle Richtungen getragen werden.

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Da jeder Mensch unterschiedliche individuelle Erfahrungen, Erlebnisse und Umstände hat, ist auch das Netzwerk der Neuronen individuell sehr unterschiedlich. Kein Gehirn gleicht einem anderen, doch es gibt Ähnlichkeiten, welche Anhaltspunkte für gemeinsames Lernen sein können. Es ist wie bei den Schneeflocken. Jede ist anders, aber alle ähneln sich. Nur wenn neuer Lernstoff in einen sinnvollen Kontext mit bereits vorhandenem Wissen gebracht wird, können wir Neues lernen und verstehen. Lernen ohne einen Vorstellungsanker ist schwierig, vor allem bei komplexen Sachverhalten.

Weiterhin sollte unbedingt ein Medienzirkus vermieden und Methoden- und Medienwechsel sparsam und stets zum Lernstoff passend eingesetzt werden. Eine methodische Reduktion beinhaltet auch gehirnfreundliche Visualisierungen. Die Sprache des Gehirns sind Bilder und nicht Worte. Statt vieler Worte Abbildungen „sprechen“ lassen.

Humor ist ein Lernbeschleuniger.

Bieten Sie der Lerngruppe immer gerade das, was diese für den nächsten Lernschritt braucht. Lernen soll Spaß machen, Humor ebnet den Weg zum Verstehen. Humor ist, wenn es zum Thema passt, ohnehin eine hervorragende Möglichkeit didaktischer Reduktion. Denn die Pointe bringt den Inhalt kurz und bündig auf den Punkt.

Der Trainierende ist allerdings kein Clown. Zuviel des Lustigen verhindert die Speicherung des Lernstoffes. Später können sich viele zwar an den Witz erinnern, aber nicht mehr an die Inhalte, die mit Humor transportiert werden sollten. Im Vordergrund steht immer der Lernvorgang und das Ziel, zu eigenständigem Denken und Lernen zu gelangen.

„Humor ist der Schwimmgürtel auf dem Strome des Lebens“, gab der Schriftsteller Wilhelm Raabe zum Besten. Wohl wahr: Humor und Lachen erweisen sich als wahre Wundermittel, verbinden Menschen, entschärfen Konflikte und verhindern Trübsinn. Spaß ist auch im Trainingsalltag ein Muntermacher, eine Erfrischungskur für Geist und Seele sowie eine wahre Quelle für Einfallsreichtum und Kreativität. Lachen ist also gesund, auch im Seminar!

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5 Tipps für Lehrende

#1 Für Vorträge oder Präsentationen gilt: die Masse an Inhalt reduzieren, Unwichtiges weglassen und sich auf die Kernbotschaften konzentrieren.

#2 Profis überlegen sich, welche Kompetenzen, Inhalte und Kenntnisse die Teilnehmenden erwerben müssen, und verfahren nach dem Motto: Gründlichkeit statt Vollständigkeit.

#3 Bulletpoint-Texte unbedingt vermeiden und stattdessen passende Abbildungen verwenden. Betreutes Vorlesen behindert das Lernen.

#4 Für das Verständnis ist es wichtig, in der Sprache der Teilnehmenden zu reden. Auf eine unverständliche Fachsprache und unbekannte Abkürzungen verzichten.

#5 Für eine lernfördernde Atmosphäre sind Lachen und Humor eine treibende Kraft. Humor ist ansteckend wie Windpocken.

„Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn man nichts mehr hinzufügen, sondern wenn man nichts mehr weglassen kann.“ 

Antoine de Saint-Exupéry

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Das alles zu berücksichtigen mag nicht immer leicht sein, ist aber erfolgreich! Wer gekonnt didaktisch und methodisch reduziert, steigert die Chancen, dass jeder Lernende vom Lernstoff profitieren kann.

Ein Kollege hat mir nach einem meiner Vorträge folgenden wertvollen Ratschlag gegeben: Stehe aufrecht, damit du gesehen wirst. Sprich laut, damit du gehört wirst. Rede kurz, damit du gemocht wirst.

 


Leben und Lernen mit Köpfchen

Leben und Lernen mit Köpchen - Michael Kühl-Lenjer BusinessVillage

Potenzial nutzen, Leichtigkeit gewinnen! Eine Gebrauchsanleitung fürs Gehirn.

1. Auflage BusinessVillage 2024
ca. 220 Seiten

ISBN             978-3-86980-744-7                      22,95 Euro
ISBN (PDF)    978-3-86980-745-4                     21,95 Euro
ISBN (EPub) 978-3-86980-746-1                     21,95 Euro

 

Der Autor von Didaktische Reduktion im Business

Michael Kühl-Lenjer verknüpft langjährige Vertriebs-, Führungs- und Trainingserfahrungen mit aktuellen Erkenntnissen der Gehirnforschung. Als Business-Trainer und Kommunikations­berater unterstützt er Unternehmen und Ausbildungsinstitute dabei, neuro­wissen­schaftliche Aspekte in ihre Aus- und Weiterbildung einfließen zu lassen. Michael Kühl-Lenjer ist Mitglied in der Akademie für neurowissenschaftliches Bildungsmanagement (AFNB) und bezieht seine neurobiologischen Kenntnisse direkt von Wissenschaftlern.

https://www.kuehl-lenjer-training.de

Über BusinessVillage

BusinessVillage ist der Verlag für die Wirtschaft. Unsere Themen sind Beruf & Karriere, Innovation & Digitalisierung, Management & Führung, Kommunikation & Rhetorik und Marketing & PR. Unsere Bücher liefern Ideen für ein neues Management und selbstbestimmtes Leben. BusinessVillage macht Lust auf Veränderung und zeigt, was geht. Update your Knowledge!

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Bild: © Picturepeople GmbH & Co KG
Text: BusinessVillage GmbH