Halloween und das Geheimnis der Nebelfelsen – Es war eine finstere Nacht im Spätherbst, und der Nebel kroch wie ein lebendiges Wesen über das kleine Dorf Waldenmoor. Die wenigen Laternen entlang der Straßen flackerten schwach und schienen selbst gegen den Dunst anzukämpfen. Niemand traute sich hinaus, denn die älteren Dorfbewohner erzählten, dass in dieser Nacht die Geister der Nebelfelsen erwachen würden.
Die Nebelfelsen waren eine Reihe unheimlicher Felsformationen, die hoch über dem Dorf thronten und nur bei mondlosen Nächten zu sehen waren. Alte Geschichten besagten, dass die Seelen von Menschen, die dort verschwunden waren, immer noch in den Felsen gefangen wären und nach Rache dürsteten.
Zwei junge Freunde, Anna und Ben, waren die einzigen, die den Geschichten skeptisch gegenüberstanden. Seit ihrer Kindheit waren sie fasziniert von den Nebelfelsen, doch ihre Eltern hatten ihnen stets verboten, sich ihnen auch nur zu nähern. „An dieser Nacht, an Halloween“, dachte sich Anna, „würde sie endlich das Geheimnis der Felsen lüften.“
Mit Taschenlampen und warmen Mänteln bewaffnet, schlichen sie sich kurz nach Mitternacht aus ihren Häusern und machten sich auf den steinigen Pfad, der in die bewaldeten Hügel führte. Der Nebel wurde immer dichter, je höher sie kamen, und die Geräusche des Waldes verstummten. Kein Vogel, kein Rascheln – nur die drückende Stille und das gelegentliche Knarren der Bäume.
„Bist du sicher, dass das eine gute Idee ist?“ flüsterte Ben, und seine Stimme klang seltsam gedämpft.
„Natürlich“, erwiderte Anna und versuchte, ihre eigene Unsicherheit zu verbergen. Doch ihr Herz schlug schneller, als sie den ersten der Felsen erblickten. Er ragte wie ein schattiger Gigant aus dem Nebel und schien von innen heraus zu glimmen. Die Felsen waren nicht leer; sie waren erfüllt von einem eigenartigen bläulichen Licht, das schwach, aber doch unheimlich leuchtete.
„Das Licht ist unmöglich natürlich“, sagte Ben und trat vorsichtig näher. In diesem Moment hörten sie ein Flüstern, das aus dem Nebel zu kommen schien. Es war kaum mehr als ein Wispern, das ihren Namen rief – erst Annas, dann Bens, dann beide zusammen.
„Das… das ist doch nur der Wind, oder?“ Anna versuchte, einen kühlen Kopf zu bewahren, doch auch sie zitterte leicht. Gemeinsam gingen sie weiter und folgten den Schatten, die zwischen den Felsen tanzten. Schließlich erreichten sie eine Art Altar aus Steinen, in die fremdartige Symbole eingraviert waren.
„Das ist alt… richtig alt“, murmelte Ben und strich vorsichtig über die Zeichen. Als sein Finger das letzte Symbol berührte, erlosch das blaue Licht, und alles versank in undurchdringliche Dunkelheit.
„Ben? Anna?“ Das Flüstern wurde lauter, bedrohlicher, und die beiden Jugendlichen drehten sich hastig um. Doch da war niemand, nur die unheimlichen Schatten der Nebelfelsen, die nun in der Dunkelheit noch größer und bedrohlicher wirkten. Dann geschah es – der Boden unter ihren Füßen bebte, als würde etwas Altes und Mächtiges erwachen.
Anna schrie, und Ben klammerte sich an sie. Eine der Felsformationen löste sich und glitt wie ein riesiges, lebendes Wesen auf sie zu. Aus den tiefen Ritzen und Spalten der Felsen begannen sich Gestalten zu formen, die an Menschen erinnerten, doch ihre Augen waren hohl und leer.
„Die Geister… sie sind wirklich hier“, flüsterte Anna mit erstickter Stimme.
Doch bevor sie einen Fluchtversuch wagen konnten, riss eine eisige Hand aus dem Nebel und packte Anna am Handgelenk. Sie spürte die Kälte bis in ihre Knochen und konnte sich nicht rühren. Bens Augen weiteten sich vor Entsetzen, doch auch er konnte nicht entkommen, als die Schatten um sie herum dichter wurden und zu einer einzigen, alles verschlingenden Dunkelheit verschmolzen.
Gerade, als sie beide das Bewusstsein zu verlieren drohten und die Dunkelheit sie vollständig zu umhüllen schien, öffnete sich vor ihnen ein gleißendes Licht – und darin stand eine Gestalt, die nicht ganz Mensch und nicht ganz Schatten war. Es lächelte und flüsterte mit sanfter Stimme: „Willkommen in eurem neuen Zuhause…“ (hk).