Pro Rheintal: Für gute Luft, sauberes Wasser und weniger Lärm braucht es eine Ursachenbekämpfung

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Pro Rheintal fordert Bundesgesundheitsminister Dr. Karl Lauterbach auf, sich für gesundheitswirksame Ursachenbeseitigung einzusetzen.

Menschen und Regionen wirksam vor verkehrsbedingtem Lärm zu schützen und die Gesundheitsbudgets zu entlasten, das geht laut Pro Rheintal am besten durch eine Bekämfpung der Ursachen. Im Verkehr sei dabei eindeutig die Temporeduktion in den Wohnbereichen der Städte und Dörfer das Maß der Dinge. Vor allem nachts, wenn die Strecken ganz dem Güterverkehr gehören und Güterzüge bei voller Geschwindigkeit doppelt so laut sind.

Für Politiker/innen ist es üblich, die Ursache für Herz-Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen bei den Betroffenen zu suchen. Da heißt es, sie ernähren sich falsch, trinken, rauchen und wer weiß was. Doch dürfen wir den Blick für externe und interne Faktoren insgesamt nicht außer Acht lassen. So ist der Wahlkreis von Dr. Karl Lauterbach (Leverkusen/Köln-Mülheim) quasi ein Epizentrum für schreckliche Lebensbedingungen. Die Haus-an-Haus-Gegend mit wenig Grün ist ein Verkehrsknotenpunkt voller Lärm, vergifteter Atemluft und Stress – eingebunden in eine pausenlose pulsierende Hochleistungsgesellschaft. Was soll denn dabei außer Krankheit herauskommen?

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Während 1992 die jährlichen Gesundheitskosten noch bei 158 Mrd. Euro lagen, lagen sie 2022 bei 498 Mrd. Euro, also mehr als das Dreifache. Bisher werden in der EU ganze drei Prozent der Gesundheitsbudgets für Prävention ausgegeben. Das ist besonders schlimm für das dicht besiedelte und durch Verkehrswege zerteilte Industrieland Deutschland. Deutsche sind derzeit Schlusslicht unter den Westeuropäern, was die Lebenserwartung betrifft.

Daher ist der Abbau von Lärm und Schadstoffen wichtiger als ein „krankenhausfüllendes“ Screening der bereits entstandenen Schäden. Frank Gross von Pro Rheintal sagt: „Wir können uns nicht gesund testen, sondern müssen aktiv etwas tun, um vorzubeugen, dass Menschen krank werden, denn danach ist es wenig effektiv und teuer mit oft jahrelangen Behandlungen gegenzusteuern.“ Jeder Euro, der zum Beispiel in Lärmschutz investiert wird, bringt laut EU einen 30-fachen Return on Investment. Anstatt die Dinge wie bisher weiterlaufen zu lassen für eine „Gesundheitswirtschaft“, der die Leute gar nicht krank genug sein können, könnte eine präventive und wirtschaftlich tragbare Gesundheitspolitik unser Land in vielerlei Hinsicht entlasten und wieder nach vorne bringen.

Pro Rheintal setzt sich seit 20 Jahren für die Gesundheit der Menschen an Bahnlinien, aber auch an Straßen und Flughäfen ein. Pro Rheintal Chef Frank Gross sagt, es sei erschütternd zu sehen, wie rückständig Gesetze und Verordnungen sind und wie reaktionär die politischen Sichtweisen in Bezug auf Lärm sind. Die Bahnlärmberechnungen hinken laut Pro Rheintal um 20 bis 40 dB hinter den tatsächlichen Lärmimmissionswerten her. Dabei ist noch nicht einmal eingerechnet das weitere Lärmquellen nicht berücksichtigt werden die das gesundheitliche Risiko noch einmal drastisch erhöhen. Das ist verfassungsrechtlich bedenklich und aus medizinischer Sicht nicht mehr vertretbar (Prof. Manfred Spreng, Uni Erlangen; Prof. Eberhard Greiser, Uni Bremen, Dr. jur. Ulrich Storost).

Die hessische Landesregierung hat 2017 eine Studie (Möhler, Zeus, DLR) vorgestellt, die belegt, dass die derzeitige Lärmgesetzgebung nicht geeignet ist, Menschen vor gesundheitsschädlichen Lärmwirkungen zu schützen. Das ist nach Einschätzung von Pro Rheintal 50 Jahrer nach Inkrafttreten des Bundesimmissionsschutzgesetzes ein Skandal und ein Armutszeugnis für unseren Staat. Eine aktuelle Meta-Studie der Universität Mainz, Prof. Münzel et al., zeigt dass Verkehrslärm das Risiko für kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität erhöht, und es gibt solide Belege für durch Bluthochdruck und Gefäßverengung verursachtes Herzversagen und Schlaganfälle. Laut der Weltgesundheitsorganisation gehen in Westeuropa jährlich mindestens 1,6 Millionen gesunde Lebensjahre durch verkehrsbedingten Lärm verloren. Metastudien der Länder Hessen und Rheinlandpfalz belegen das es längst einen wissenschaftlichen Konsens über die verheerende Wirkung von Verkehrslärm gibt.

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Die seit 50 Jahren geltenden Immissionsschutzregelungen verharren hingegen in einer Starre, so als hätte sich im Verkehr seit 1974 nichts geändert. Anpassung an das drastisch erhöhte Verkehrsaufkommen, höhere Trasnportgewichte und Geschwindigkeiten fanden keinen Niederschlag bei Emissionsgrenzen, Gesamtlärmberücksichtugung  und Bestandsregelungen. Anstelle rechnet man den Lärm klein oder tut so, als gäbe es ihn nicht. So zum Beispiel macht die Anwendung der A-Filterbewertung (gültig nur bis 40 dB) im Verkehrslärmbereich aus einem LKW einen PKW, aus einem Güterzug einen Personenzug und Düsenflugzeuge werden zu Propellermaschienen!

Seit 2010 schlägt Pro Rheintal vor, dass innerhalb von Ortschaften schwere Güterzüge nicht schneller als 50 km/h fahren sollten. Das ist nicht nur eine finanziell tragbare und sofort umsetzbare Lösung sondern auch für die Bahn weder ein Problem noch ein Schaden. Für ihre maroden Strecken hat sie hunderte solcher Langsamfahrstellen eingerichtet und passt die Fahrpläne entsprechend an, sodass niemand danach fragt. Eigentlich ist Tempo 50 innerorts eine Selbstverständlichkeit, denn das gilt auch für Kraftfahrzeuge. Selbst auf Autobahnen sieht man immer wieder Lärmschutz-Tempolimits. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) hat schon 1978 festgestellt, dass der Schienengüterverkehr nicht durch Fahrgeschwindigkeit schneller wird, sondern durch Verbesserungen im Rangier- und Betriebsablauf.

Die Lebensbedingungen vor Ort sind entscheidend für die Gesundheit der Menschen und damit auch für die Wirtschaft und das Land insgesamt. Die dramatischen Veränderungen im Verkehr, die Straßen, Brücken und Schienenwege zusammenbrechen lassen müssen endlich auch beim Schutz der Menschen vor Feinstaub und Lärm eine angemessene Berücksichtigung finden.

Für gute Luft, sauberes Wasser und weniger Lärm braucht es eine Ursachenbeseitigung und wirksame Schutzmaßnahmen.

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Text: Pro Rheintal e. V. Bürgernetzwerk