Ratgeber Recht – Zivilrecht: Bei Abonnements sind zwar Klauseln üblich, nach denen sich das Abo automatisch verlängert, wenn es der Kunde nicht kündigt. Mit einer Verlängerung um den vierfachen Zeitraum zum dreißigfachen Preis muss aber niemand rechnen. Eine solche Verlängerungsklausel ist überraschend und unwirksam. So hat laut Michaela Rassat, Juristin der ERGO Rechtsschutz Leistungs-GmbH, das Amtsgericht München entschieden.
Worum ging es bei Gericht?
Eine Börsenbrieffirma klagte gegen einen Münchner Kunden. Der Mann hatte auf der Internetseite des Unternehmens ein Probeabo für einen Börsenbrief abgeschlossen. Damit reagierte er auf ein Angebot, das am gleichen Tag um Mitternacht enden sollte. Das Probeabo sollte drei Monate dauern und für diesen Zeitraum 9,99 Euro statt 699,99 Euro kosten. In den auf der Bestellseite einsehbaren Allgemeinen Geschäftsbedingungen stand, dass sich das Abo bei nicht rechtzeitiger Kündigung um ein Jahr verlängert. Ein Jahresabo kostete 1.298 Euro.
Nach Ablauf der Kündigungsfrist stellte das Unternehmen ihm 1.298 Euro für das Jahresabo in Rechnung. Der Kunde widerrief daraufhin den Vertragsschluss und weigerte sich, zu zahlen. Er habe nie einen Börsenbrief erhalten und daher nicht mehr an die ganze Angelegenheit gedacht. Das Unternehmen nahm sein Schreiben als Kündigung zum Ablauf des ersten Vertragsjahres – und verklagte ihn auf Zahlung von 1.298 Euro.
Das Urteil
Das Amtsgericht München wies die Klage ab. Die Verlängerungsregelung in Verbindung mit dem verlangten Betrag sei überraschend und damit nicht Vertragsbestandteil. Zwar seien Vertragsklauseln üblich, nach denen sich ein Abonnement automatisch verlängere, wenn es der Kunde nicht rechtzeitig kündige. Hier verlängere sich der Vertrag aber gleich um den vierfachen Zeitraum und der Preis steige bezogen auf einen Dreimonatszeitraum um mehr als das Dreißigfache. Mit einer derartigen Preissteigerung müsse niemand rechnen. „Das Gericht berücksichtigte auch, dass der Kunde hier durch die kurze Entscheidungszeit für das Probeabo auf der Internetseite besonders unter Druck gesetzt worden sei“, erklärt Michaela Rassat. „Auf der Internetseite befand sich laut Gericht außerhalb der Geschäftsbedingungen kein Hinweis darauf, dass auf das Testabo für 9,99 Euro ein Jahresabo für 1.298 Euro folge.“
Was bedeutet das für Verbraucher?
„Überraschende Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen werden laut § 305c des Bürgerlichen Gesetzbuches nicht Bestandteil des Vertrages“, erläutert Michaela Rassat. So will der Gesetzgeber Verbraucher vor unerwarteten Folgen eines Vertragsabschlusses durch Regelungen im „Kleingedruckten“ schützen. „Gerade bei Aboverträgen empfiehlt es sich trotzdem, die Vertragsbedingungen zu lesen – auch wenn das Zeit kostet. So können Kunden rechtzeitig vor Ablauf der entsprechenden Fristen kündigen oder Verträge widerrufen“, rät die Rechtsexpertin.
Amtsgericht München, Urteil vom 24. Oktober 2019, Az. 261 C 11659/19
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