Rückkehr trotz Abschiebung – In Deutschland sind allein in den ersten neun Monaten dieses Jahres insgesamt 4614 abgeschobene Asylbewerber trotz einer bestehenden Einreisesperre wieder ins Land eingereist. Diese Zahlen, die aus dem Ausländerzentralregister (AZR) stammen, werfen ein kritisches Licht auf die Wirksamkeit der deutschen Abschiebepraxis und zeigen deutliche Schwächen in den Grenzkontrollen innerhalb der EU auf.
Zahlen und Herkunftsländer: Wer kehrt trotz Einreisesperre zurück?
Von Januar bis zum 30. September 2024 wurden in Deutschland insgesamt 14.718 Personen abgeschoben. Erstaunlicherweise kehrten im selben Zeitraum 4614 Menschen trotz einer aktiven Einreisesperre zurück. Dabei fällt auf, dass bestimmte Herkunftsländer besonders häufig vertreten sind. An der Spitze stehen Rückkehrer aus Afghanistan: 443 Personen aus diesem Land reisten trotz Einreisesperre erneut ein. Auf Platz zwei folgt die Republik Moldau mit 431 Personen. Syrien liegt an dritter Stelle mit 385 Rückkehrern. Diese Zahlen verdeutlichen, dass es insbesondere Menschen aus Krisen- und Konfliktregionen sind, die trotz einer Abschiebung den Weg zurück nach Deutschland finden.
Hohe Rückfallgefahr: Warnung der Polizeigewerkschaft
Die Rückkehr der abgeschobenen Asylbewerber trotz Einreisesperre hat auch bei der Deutschen Polizeigewerkschaft für Besorgnis gesorgt. Der Vorsitzende Rainer Wendt äußerte sich dazu kritisch: „Die Wahrscheinlichkeit, dass die Leute wieder straffällig werden, wenn sie wieder einreisen, ist sehr hoch. Sie müssten eigentlich schon mit der Wiedereinreise straffällig werden und deshalb inhaftiert werden“, sagte Wendt im Interview mit WELT TV. Diese Aussage unterstreicht die Befürchtung, dass viele Rückkehrer nicht nur gegen die bestehenden Einreisesperren verstoßen, sondern möglicherweise erneut Straftaten begehen könnten.
Ursachen für die Wiedereinreise trotz Sperre
Die Gründe für die erneute Einreise trotz einer bestehenden Sperre sind vielfältig. Häufig nutzen die Betroffenen rechtliche Lücken im Schengen-Raum oder treten unter einer geänderten Identität ein, was die Erkennung erschwert. Zudem ermöglicht die Personenfreizügigkeit innerhalb der EU eine unkontrollierte Weiterreise, sobald die Einreise in einen Mitgliedstaat erfolgt ist. Diese Entwicklungen stellen die deutschen Behörden vor große Herausforderungen und werfen die Frage auf, inwieweit das aktuelle System ausreichenden Schutz bietet.
Forderungen nach strengeren Maßnahmen
Angesichts der hohen Zahl an Rückkehrern wird der Ruf nach schärferen Maßnahmen lauter. Politiker fordern eine engere Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten sowie die Einführung einheitlicher Standards zur Identitätsprüfung, um die Wiedereinreise trotz Sperre effektiver zu verhindern. Insbesondere der Einsatz biometrischer Verfahren wird als Lösung diskutiert, um Identitätsbetrug zu erschweren. Das Bundesinnenministerium plant bereits konkrete Schritte zur Verbesserung der Überwachung an den Grenzen, jedoch wurde der Vorschlag zur flächendeckenden Einführung biometrischer Kontrollen vorerst abgelehnt.
Politische Reaktionen und Konsequenzen
Die hohe Zahl an Rückkehrern trotz bestehender Einreisesperre hat eine politische Debatte ausgelöst. Vertreter der Opposition fordern eine Verschärfung des Asylrechts sowie strengere Kontrollen an den EU-Außengrenzen. Sie argumentieren, dass die wiederholte Wiedereinreise abgeschobener Personen das Vertrauen in die Asylpolitik untergräbt und die Sicherheitslage in Deutschland gefährden könnte. Auch innerhalb der Bundesregierung wird diskutiert, ob das aktuelle System ausreichend ist, um die Einhaltung der Einreisesperren sicherzustellen.
Fazit: Die Wirksamkeit des Abschiebesystems steht auf dem Prüfstand
Die Zahlen aus dem Ausländerzentralregister zeigen, dass das Abschiebesystem in Deutschland vor großen Herausforderungen steht. Die hohe Zahl der Rückkehrer verdeutlicht, dass es nicht nur gesetzliche Anpassungen braucht, sondern auch eine bessere Kooperation auf europäischer Ebene, um bestehende Lücken zu schließen. Ob strengere Gesetze, verbesserte Grenzkontrollen oder der verstärkte Einsatz biometrischer Methoden die Lösung sein können, bleibt abzuwarten. Klar ist jedoch, dass dringender Handlungsbedarf besteht, um das Vertrauen in die Asylpolitik zu stärken und die Einhaltung von Einreisesperren sicherzustellen (hk).