Wiesbaden – Weihnachtsgruß des Oberbürgermeisters 2016

suedwest-news-aktuell-deutschland-wiesbadenWiesbaden (HE) – Weihnachtsgruß des Oberbürgermeisters 2016.

Liebe Wiesbadenerinnen und Wiesbadener,
liebe Freunde und Gäste unserer schönen Stadt,

die Vorweihnachtszeit ist traditionell eine Zeit, in der sich viele Menschen damit beschäftigen, was im vergangenen Jahr alles passiert ist – und was das kommende Jahr bringen mag.

Wenn ich über 2016 nachdenke, fällt mir zunächst ein Spruch meiner Oma ein, die immer gesagt hat, dass Schaltjahre nichts Gutes bringen. Und ich kann mich zunächst nicht dagegen wehren, diese „Altersweisheit“ für das zu Ende gehende Jahr voll zu bestätigen: Terror, weltweite Unsicherheit durch Entwicklungen in zahlreichen Staaten, wieder aufkeimender Faschismus und viele wertvolle Menschen, gerade aus dem künstlerischen und schöngeistigen Bereich, die von uns gegangen sind. Vor ein paar Tagen habe ich einen Artikel gelesen, der sich zum Ziel gesetzt hatte, auf die positiven Dinge in 2016 hinzuweisen, und der auch eine beachtliche Menge „good news“ benannt hat. Und ich will – bei allem Respekt vor den schlimmen Dingen – nicht in das allgemeine Gejammere einsteigen, sondern Ihnen für unsere Stadt aufzeigen, wie viele gute Entscheidungen und Entwicklungen es in diesem Jahr in Wiesbaden gab.

Im kurzen Überblick reicht das Spektrum von den vielen Aktivitäten im Jahr der Städtepartnerschaften – der kommunale Beitrag zu Verständnis und einem friedlichen Miteinander – über die Auflösung der letzten Notunterkunft für Flüchtlinge, das Richtfest für das RheinMain CongressCenter, der Eröffnung von „sam – Stadtmuseum am Markt“, der Ausweisung neuer Wohn- und Gewerbeflächen, dem Entschluss zum Neubau einer Drei-Feld-Sporthalle an der Hermann-Ehlers-Schule in Erbenheim, der Neugestaltung des Faulbrunnenplatzes bis zur Grundsteinlegung für die Hochschule Fresenius in der Moritzstraße.

Auf einiges möchte ich noch näher eingehen. Vom 22. bis 24. April fand als feierlicher Auftakt der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden zum Jahr der Städtepartnerschaften ein Festwochenende statt, an dem nahezu alle Partnerstädte und Partnerschaftsvereine teilnahmen. Ich war überwältigt, auf wieviel Interesse das Jahr der Städtepartnerschaften und das Festwochenende als Höhepunkt des umfangreichen Programms gestoßen ist und möchte noch einmal die hervorragende ehrenamtliche Arbeit der Partnerschaftsvereine, der Schulen und Institutionen, der Sport-, Kultur- und weiteren Vereine sowie zahlreicher Bürgerinnen und Bürger würdigen. Städtepartnerschaften sind der Beitrag der Städte und Kommunen zu einer fruchtbaren Außenpolitik. Und meines Erachtens ein ganz wesentlicher Beitrag, denn nur auf dieser Ebene begegnen sich die Menschen direkt. Gerade angesichts der zunehmenden Unruhe in Europa und der Welt ist es wichtiger denn je, Menschen verschiedener Länder und Kulturen zusammenzuführen, um Vorurteile abzubauen und das Miteinander in den Mittelpunkt zu stellen. Es sind nicht die Rathäuser, die die partnerschaftlichen Beziehungen mit Leben erfüllen, und sie sollen es auch gar nicht sein. Städtepartnerschaften werden von Bürgern, Vereinen, Schulen und Künstlern gelebt. Es ist großartig, dass gleich zwei unserer Partnerstädte – Breslau und San Sebastian – in diesem Jahr Kulturhauptstädte Europas waren.

Im Mai schieden Wiesbaden sowie weitere Städte, wie zum Beispiel Bad Homburg, bei der Bewerbung der „Great Spas of Europe“ als Weltkulturerbe leider aus. Wir haben diese Entscheidung außerordentlich bedauert. Eines der gegen Wiesbaden vorgebrachten Argumente war, dass hier nur noch sehr bedingt von einem bestehenden Kurbetrieb gesprochen werden kann. Dieses Kriterium hatte erstmals 2015 bei den Überlegungen der beiden Gremien ein hohes Gewicht bekommen. Das war insofern überraschend, da in keiner der Städte der Serie ein dem 19. Jahrhundert vergleichbarer Kurbetrieb mehr vorhanden ist. Aber auch wenn wir nicht ans Ziel gelangt sind, so haben wir doch sehr viel bewegt, das bleiben wird und das uns inspiriert, uns mit unserer Identität und Geschichte zu befassen und sie in guten Einklang mit modernen Entwicklungen zu bringen.
Wir sind auf einem guten Weg zur Entwicklung des Quartiers am „Alten Gericht“ zwischen Moritzstraße und Oranienstraße. Ende Februar begannen die ersten Vorbereitungsarbeiten zum Bauvorhaben der Hochschule Fresenius in der Moritzstraße. Die Hochschule mit Stammsitz in Idstein will eine Dependance in Wiesbaden gründen und ein Hochschulgebäude mit Hörsaal und Cafeteria für rund 1.000 Studierende der Fachbereiche Design sowie Wirtschaft und Medien errichten. Inhaltlich mit dem Vorhaben der Hochschule Fresenius abgestimmt, plant die Nassauische Heimstätte an der Ecke Oranienstraße/Albrechtstraße ein neues Studentenwohnheim mit 100 bis 120 Wohnheimplätzen zu errichten sowie das Gebäude des ehemaligen Beamtenwohnhauses ebenfalls für studentische Wohnzwecke zu nutzen. In dem denkmalgeschützten Gerichtsaltbau sind 58 Wohnungen mit ergänzenden gewerblichen Nutzungen vorgesehen. Auch an vielen weiteren Stellen der Stadt haben wir günstigen Wohnraum für Studierende geschaffen.

Im Mai wurde die letzte Notunterkunft für Flüchtlinge in Wiesbaden aufgelöst. Ich weiß noch genau, wie an einem Sonntag im September mein Telefon geklingelt hat und ich darüber informiert wurde, dass wir schnellstmöglich Betten, Verpflegung und sanitäre Anlagen für bis zu 1000 Menschen bereitstellen sollen. Was zunächst unmöglich schien, haben wir innerhalb von 24 Stunden geschafft – und das ist der großartigen Leistung der Feuerwehren, der Hilfsorganisationen und der freiwilligen Helferinnen und Helfer aus Wiesbaden zu verdanken. Seit dem Einsatzbefehl des Landes Hessen am 13. September 2015, durch den die Stadt Wiesbaden verpflichtet wurde, bis auf weiteres Flüchtlinge in Notunterkünften unterzubringen, wurden stetig zwischen 290 und knapp 1000 Menschen unter der Führung und Verantwortung der Berufsfeuerwehr Wiesbaden als Untere Katastrophenschutzbehörde betreut. Zunächst dienten Sporthallen in Breckenheim, Naurod und Nordenstadt als Unterkünfte, später die ehemalige August-Hermann-Francke Schule und das Simeonhaus. In den ersten drei Wochen waren vorwiegend ehrenamtliche Helferinnen und Helfer der Katastrophenschutzeinheiten von Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), Regionalverband Westhessen, Deutschem Roten Kreuz (DRK) Wiesbaden, Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH) Wiesbaden und Malteser Hilfsdienst (MHD) im Einsatz. Danach wurden diese in Wiesbaden tätigen Organisationen mit hauptamtlichen Kräften beauftragt, die Betreuung zu übernehmen. Ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich bei allen ehrenamtlichen und hauptamtlichen Helferinnen und Helfern der Hilfsorganisationen und der Feuerwehr für ihre Arbeit und ihr unermüdliches Engagement bedanken. Ich möchte das nicht nur als Oberbürgermeister tun, sondern auch ganz persönlich. Viele haben weit mehr getan als das Selbstverständliche – sie alle haben Unglaubliches geleistet.

Im Sommer beschloss der Magistrat eine Grundsatzvorlage für „Wiesbadener Leitlinien für Bürgerbeteiligung“. Das Beteiligungskonzept wird inzwischen bei dem „Integrationskonzept für Geflüchtete“ und bei der weiteren Nutzung des Grundstücks „Wilhelmstraße 1“ angewandt. Bürgerbeteiligung ist der Stadt Wiesbaden ein wichtiges Anliegen, um die Interessen der Bürgerinnen und Bürger kennenzulernen und diese in die Entscheidungsprozesse einfließen zu lassen. Monatelang haben im vergangenen Jahr Bürgerinnen und Bürger, politische Vertreter der Stadt sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung im so genannten „trialogischen Prozess“ gleichberechtigt am Entwurf der Leitlinien gearbeitet. Ich verstehe unsere Bürgerschaft nicht als Bewohner, sondern als selbstständige, gestaltende Bürgerinnen und Bürger. Bürgerbeteiligung ist daher kein Übel oder Hindernis, sondern eine Bereicherung. Ich bin davon überzeugt, dass die Demokratie damit nicht geschwächt, sondern gestärkt wird. Die Leitlinien sollen eine Handlungsanleitung für das Engagement der Bürgerinnen und Bürger für ihre Stadt sein. Sie bieten der Verwaltung einen Handlungsrahmen, wie Bürgerbeteiligung in Projekte und Planungen einfließen kann und fordern gleichzeitig die Politik auf, eine neue Beteiligungskultur in Wiesbaden entstehen zu lassen.

Im September wurde Richtfest für das Neubauprojekt RheinMain CongressCenter Wiesbaden gefeiert. Das war eine beeindruckende Punktlandung. Das neue RMCC wird auf einer Bruttogeschossfläche von rund 30.000 Quadratmetern mit einem flexiblen Raum- und Funktionskonzept bis zu 12.500 Personen Raum für individuelle Veranstaltungen bieten. Das neue Veranstaltungszentrum im Herzen von Wiesbaden wird sich nicht nur durch seine Lage und Architektur auszeichnen, sondern auch durch seine umweltverträgliche Energieeffizienz. Erneuerbare Energien spielen dabei eine entscheidende Rolle. So liefert die Photovoltaikanlage (600 Quadratmeter Photovoltaikfläche auf dem Dach von Halle 1) Strom für den Eigenbedarf. Umweltfreundliche Fernwärme aus dem Biomasse-Heizkraftwerk dient der Versorgung der Spitzenlasten.

Ebenfalls im September wurde „sam – Stadtmuseum am Markt“ offiziell eröffnet – mit einem reichhaltigen Programm an Führungen, Oldtimerbusfahrten und einer großen Oldtimershow. Mit über 2.000 Besuchern im Marktkeller war das Eröffnungsfest ein voller Erfolg. Das zeigt, mit wie viel Interesse und Freude sich die Bürgerinnen und Bürger mit der Geschichte ihrer Stadt auseinandersetzen. Ab dem 13. September begann der reguläre Museumsbetrieb. Während der Öffnungszeiten – dienstags bis sonntags von jeweils 11 bis 17 Uhr – können die Ausstellungen im „sam – Stadtmuseum am Markt“ nun regelmäßig in Augenschein genommen werden.

Im Oktober hat der Magistrat eine Grundsatzvorlage zum Neubau einer Drei-Feld-Sporthalle an der Hermann-Ehlers-Schule in Erbenheim eingebracht. Demnach ist geplant, die Halle für den Schul- und Vereinssport auf dem Schulgrundstück zu errichten. Mit der Grundsatzentscheidung und der Bereitstellung der Planungsmittel wird der erste wichtige Meilenstein in Richtung eines Neubaus gelegt. Für uns hatte und hat die Sporthalle an der Hermann-Ehlers-Schule eine hohe Priorität. Es wird endlich Zeit, dass Erbenheim die Halle bekommt. Dieser Neubau wird für eine Entspannung der Versorgungslage für den Sportbereich im Wiesbadener Osten sorgen. Das ist ein großer Gewinn für alle Schülerinnen und Schüler sowie die vielen Sportlerinnen und Sportler.

Viele Bauvorhaben, die Entwicklung von Wohnflächen, Maßnahmen im Sportbereich, Sanierungen und die Erarbeitung neuer Konzepte ergänzen das Pensum, das Stadtverordnetenversammlung, Magistrat und Stadtverwaltung in diesem Jahr bewältigen mussten. Ich danke allen, die in unserer Stadt Verantwortung tragen, Vorhaben beschließen und umsetzen sehr herzlich für ihre unverzichtbare Arbeit.

Nicht zuletzt fanden Anfang März die Kommunalwahlen statt; die Vertreterinnen und Vertreter für die Stadtverordnetenversammlung und für die 26 Ortsbeiräte wurden gewählt. Die Wählerinnen und Wähler haben den Parteien eine wirklich knifflige Aufgabe gestellt. Deshalb ringen die Parteien noch immer um die für unsere Stadt beste Lösung. Und eines kann ich Ihnen versichern: Das Wohl der Wiesbadenerinnen und Wiesbadener ist der größte Maßstab bei den Verhandlungen – auch wenn Einigungen dadurch länger dauern und der Anschein besteht, manches ginge nur schleppend voran.

Sie sehen, dass der Rückblick auf 2016 für unsere Stadt durchaus positiv ausfällt. Das gelingt nur in einer solidarischen, toleranten und vielseitigen Stadtgesellschaft. Allen, die diesen Gedanken mittragen und mitgestalten danke ich sehr.

Für viele Menschen beginnt jetzt die festlichste Zeit des Jahres. Familien treffen sich, können sich Zeit füreinander nehmen, essen gemeinsam, musizieren, singen und tauschen Geschenke unter dem Weihnachtsbaum aus. Das Weihnachtsfest ist sicherlich so populär, weil sich seine religiöse Botschaft von Frieden und Versöhnung mit seinem Gemeinschaft stiftenden Charakter verbindet. Ich möchte an dieser Stelle allen Opfern, deren Angehörigen und Freunden gedenken, die dieses Jahr durch Gewalt, Hass und Terror ihr Leben lassen mussten. Wir sollten die Weihnachtszeit nutzen, um uns zu besinnen, unser Herz für gute Gedanken zu öffnen und Frieden einkehren zu lassen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen ein friedliches, gesegnetes und auch fröhliches Weihnachtsfest im Kreise Ihrer Lieben sowie ein glückliches, gesundes und erfolgreiches neues Jahr.

Herzlichst
Sven Gerich
Oberbürgermeister

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